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01.06.2016

Einkommensteuer bezüglich eins Gesellschaftsanteils in der Insolvenz als Masseschuld?

Mit Entscheidung vom 01.06.2016 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) die Frage zu beurteilen, ob die aus einem Gesellschaftsanteil resultierenden Einkommensteuern auf Einkünfte eine Masseschuld darstellen oder sich gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners richten.

Der Sachverhalt stellte sich verkürzt wie folgt dar:

Der spätere Insolvenzschuldner war Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Aus der Tätigkeit für die GbR erhielt der Insolvenzschuldner entsprechend der von ihm erwirtschafteten Umsätze Einkünfte aus den Gewinnanteilen. Diese wurden monatlich berechnet und zur Auszahlung gebracht. Nach Insolvenzeröffnung über sein Vermögen forderte der Insolvenzverwalter die GbR auf, an ihn die über die Pfändungsfreigrenze hinausgehenden Einkünfte abzuführen. Die pfändungsfreien Beträge wurden weiterhin dem Insolvenzschuldner ausgezahlt.

Das Finanzamt stellte für die Streitjahre den Gewinnanteil, bestehend aus den pfändungs-freien und pfändbaren Beträgen, fest. Die hieraus berechnete Einkommensteuer setzte das Finanzamt vollständig gegen die vom Insolvenzverwalter verwaltete Insolvenzmasse mit Einkommenssteuerbescheid fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch sowie nachfolgend die Klage blieben erfolglos.

Der BFH wies die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er stufte die Einkommenssteuer, die aus den Einkünften aus dem Gesellschaftsanteil resultieren, als Masseschuld gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO ein, da der Gesellschaftsanteil zur Masse gehört. Maßgeblich ist somit die Einordnung des Gesellschaftsanteiles zur Insolvenzmasse oder dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners. Unbeachtlich für den BFH ist dabei die zivilrechtliche Beantwortung der Frage, ob mit Insolvenzeröffnung der Insolvenzschuldner aus der GbR ausgeschieden ist. Diese Frage kann offen bleiben, da die Besteuerung vordergründig an den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten ausgerichtet ist. Ob im gegebenen Fall eine Fortführung der Gesellschaft konkludent erklärt oder ein neuer Gesellschaftsanteil nach Insolvenzeröffnung begründet wurde, kann somit dahingestellt bleiben. Entscheidend ist somit für die Einordnung nur ob eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters vorliegt. Gemäß § 35 Abs. 1 InsO fällt grundsätzlich das gesamte Vermögen nach Insolvenzeröffnung in die Insolvenzmasse. Die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners und somit dessen Tätigkeit ist jedoch nicht ohne weiteres Bestandteil der Masse. Allein die Kenntnis der Tätigkeit und deren bloße Duldung reichen nicht aus. Insoweit führt ein bloßes Unterlassen des Insolvenzverwalters nicht zur Masseverbindlichkeit. Indem der Insolvenzverwalter aber die pfändbaren Anteile zur Insolvenzmasse gezogen hat, hat dieser eine Verwaltungstätigkeit vorgenommen, die zur Masseverbindlichkeit führt. Aufgrund der Einheitlichkeit der Besteuerung erfolgt keine Aufteilung der Einkommensteuerschuld zwischen pfändungsfreien und pfändbaren Einkünften. Vielmehr ist diese insgesamt der Insolvenzmasse aufzuerlegen. Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob der Insolvenzverwalter in der Lage war, die gesamten Erträge zur Insolvenzmasse zu ziehen.

Eine Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters gemäß § 35 Abs. 2 InsO lag nach dem Sachverhalt nicht vor, so dass hierüber keine Entscheidung getroffen werden musste. Allein die Prüfung dieses Gesichtspunkts lässt jedoch darauf schließen, dass eine Freigabe gemäß § 35 Abs. 2 InsO dazu geführt hätte, dass die Einkommenssteuer gegen den Insolvenzschuldner festzusetzen gewesen wäre. Aus diesem Grund wird sich immer die Frage stellen, ob eine Freigabe des Geschäftsanteils aus dem Insolvenzbeschlag erforderlich ist.

BGH, Urteil vom 01. Juni 2016 - X R 26/14

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Rechtsanwalt Thomas Beck
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